Ein ‚Proust‘ auf den französischen Fragebogen

Du hast sie sicherlich schon in der Schule ganz fleißig ausgefüllt, die kleinen ausgedachten Fragen von deinen Klassenkammeraden oder einer heimlich geliebten Person.

Aufgeschrieben und beantwortet wurden die Fragen – selbst im laufenden Unterricht – auf einem kleinen Zettel, – rausgerissen aus dem Hausaufgabenheft oder einem Block.

Und immer wenn der Lehrer wieder mit dem Gesicht zur Tafel stand, dann flogen die Fragen, als Knöllchen oder Flugzeug präpariert, quer durch den Klassenraum.

 

Als kleine Kinder haben wir natürlich noch naive Fragen gestellt:

„Was ist deine Lieblings-Farbe?“
„Was ist dein Lieblings-Essen?“
„Was ist dein Lieblings-Tier?“
„Was ist dein Liebling….“

In der verpickelten Pubertät drehte sich alles um:

„Wer ist dein Lieblings-Schauspieler ?
„Wie lautet der Name deiner Lieblingsband ?“
„Welchen Lieblings-Song hörst du gerade ?

Erst später folgten anspruchsvollere Fragen auf dem Papier, wie beispielsweise:

„Wenn du allein auf eine einsame Insel musst, welche drei Dinge würdest du auf jeden Fall mitnehmen? Achtung: Es dürfen nur drei Dinge sein!“

 

Die Fragen waren eine Art Spiel, mit dem allzu menschlichen Bedürfnis, sich ein wenig besser kennen zu lernen und genau dieses Spiel ist wieder in Mode geraten oder nie ganz aus der Mode kommen. Da streiten sich die Geister.

Auf jeden Fall hat der Markt dieses Phänomen inmitten von Whats App, Facebook und Instagram erkannt und wieder neu für sich entdeckt.

So gibt es mittlerweile Fragespiele für Jung & Alt … bei denen man sich wieder ganz klassisch zusammensetzt, die Karte mit der persönlichen Frage zieht und in gemütlicher Runde beantwortet. Und bis zur letzten Frage kann schon mal ein geselliger Abend mit Freunden verstreichen.

In einer Welt, in der sich Paare im Restaurant gegenüber sitzen und jeder auf seinem eigenen Smartphone stillschweigend rumdaddelt bis endlich das Essen serviert wird, in dieser Welt kann man solche Kartenspiele wohl fast als therapeutisches Gegenmittel betrachten.

Auf den Punkt bringt es der Werbeslogan von >>VERTELLIS <<:
„Offline Zeit, Selbstreflexion & starke Verbindungen“ und auf der Verpackung selbst steht „Aufmerksamkeit schenken durch inspirierende Fragen. Fördert Achtsamkeit, Kommunikation und Beziehung.“

So ganz neu ist das Fragebogen-Phänomen allerdings nicht.
Seine Anfänge könnten wir mithin im weltberühmten Proust-Fragebogen finden.

Marcel Proust (1871-1922) hat die legendären Fragen übrigens nicht – auch wenn es der Titel suggeriert – selbst erdacht, sondern als Antwortgeber gleich drei Mal ausgefüllt.

Proust ist also lediglich die bekannteste Persönlichkeit, die ihn beantwortet hat und so hat die Berühmtheit des französischen Jahrhundertautors den Fragebogen schließlich selbst berühmt gemacht und ihm seinen Namen gegeben.

Der Prost-Fragebogen, mit seinen persönlichen « Questionnaire », war übrigens bereits im 19. Jahrhundert in den Salons der gehobenen Gesellschaft ein beliebtes Gesellschaftsspiel.
Er galt unter den feinen Damen & Herren als heitere Herausforderung an Witz, Geist und Charme. Vielleicht ist dieser Zusammenhang auch der biographischen Behauptung geschuldet, dass Proust sich als Student deutlich häufiger in glitzernden Salons als in der verstaubten Universitätsbibliothek rumgetrieben haben soll.

 

Zur neuen Popularität gelangten die Fragen durch den Abdruck in renommierten Blättern, wie beispielsweise der deutschen Tageszeitschrift FAZ oder dem amerikanischen Gesellschafts-Magazin VANITY FAIR.

Hier wurden prominenten Persönlichkeiten die Proust-Fragen gestellt, von ihnen beantwortet und später der Leserschaft zugänglich gemacht.

Die Faszination liegt also in dem, was Soziologen «human interest» nennen.
Also intime Antworten, in denen der menschliche Aspekt im Vordergrund steht.

Was berührt diese oder jene Personen des öffentlichen Lebens?
Welche Träume, Wünsche oder gar Befürchtungen haben sie?
Wie würde ich – an ihrer Stelle – die Fragen beantworten?

Es gibt „böse Zungen“, die behaupten, der Proust-Fragebogen sei nicht wirklich originell. Dabei vergessen sie allesamt, dass es eben nicht primär um die Beantwortung der Fragen im guten gustus von Zeitungsbeilagen geht.

In Wirklichkeit interessiert der Inhalt der Antworten nur sekundär.

Sehr viel spannender ist, wie famos die Fragen jeweils beantwortet werden.

 

Wo liegen die persönlichen Prioritäten?

Begleitet die Antwort eine Begründung oder lässt sie Raum für Spekulation?

Sind sie kurz und knapp gefasst oder gibt es eine ergänzende Erklärung?

Sind die Antworten authentisch, amüsant oder artifiziell?

Regen sie zum Nachdenken an; wirken sie provozierend oder eher belanglos?

Die Frage ist also, wie die Frage beantwortet wird.

Meine Psychoanalytikerin würde mir höchst wahrscheinlich abraten,
die Fragen hier öffentlich in meinem eigenem Blog zu beantworten.
Doch das Zu-, An- und Abraten bleibt bekanntlich ein raten.

Ich mach das jetzt einfach mal.

 

Der Proust-Fragebogen:

 

Was ist für Sie das größte Unglück ?
Jemanden Vertrauen zu schenken, der mich belügt und betrügt.

Wo möchten Sie leben ?
Ich lebe genau dort, wo ich gerne sein möchte, – auf Rügen.
Nur der Weg zu einem urigen Irish Pub ist viel zu lang.

Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück ?
Zufriedenheit im Hier & Jetzt mit der leisen Vorfreude auf Morgen.

Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten ?
meine Eigenen, die Lustigen und die von Kindern

Ihre liebsten Romanhelden ?
Odysseus, Sindbad, Vergil, Robinson Crusoe, Marco Polo

Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte ?
Christoph Kolumbus

Ihre Lieblingsheldinnen in der Wirklichkeit ?
die Trümmerfrauen, Jeanne d’Arc, Katharina die Große, Mata Hari, meine Oma

Ihre Lieblingsheldinnen in der Dichtung ?
Psyche, Beatrice und die Amazone Penthesilea

Ihre Lieblingsmaler ?
Vincent van Gogh, Gerhard RichterEdward Hopper

Ihr Lieblingskomponist ?
Max Richter

Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einem Mann am meisten ?
Ehrlichkeit, Humor, Treue, Loyalität, Freigeist, Spontanität

Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einer Frau am meisten ?
Charme, Humor, Intelligenz, Herzenswärme, Integrität, Spontanität

Ihre Lieblingstugend ?
renitenter Freigeist und Querdenker

Ihre Lieblingsbeschäftigung ?
Seeglas sammeln … bei Wind & Wetter

Wer oder was hätten Sie sein mögen ?
Niemand … außer mir selbst.

Ihr Hauptcharakterzug ?
Beharrlichkeit

Was schätzen Sie bei ihren Freunden am meisten ?
Echtheit, Herzenswärme, Verbundenheit, Empathie und dass sie mich als Marco mögen … ohne das selbst auferlegte Diktat … gleich alle Anteile an mir mögen zu müssen. ;))

Ihr größter Fehler ?
Jeder vermeidliche Fehler hat mich dort hingebracht, wo ich heute bin … danke.

Ihr Traum vom Glück ?
gelebte Verbundenheit in Echtzeit zu Männern und Frauen

Was wäre für Sie das größte Unglück ?
Von Menschen belogen und betrogen zu werden, die ich schätze und liebe.

Was möchten Sie sein ?
Der beste MENTAL COACH Norddeutschlands
I am just on the way.

Ihre Lieblingsfarbe ?
Türkisblau … wie das Meer

Ihre Lieblingsblume ?
die Venusfalle

Ihr Lieblingsvogel ?
der tiefschwarze Rabe

Ihr(e) Lieblingsschriftsteller ?
Kafka, Nietzche, Dostojewski, Musil, … die schweren Jungs eben.

Ihr(e) Lieblingslyriker ?
Rainer Maria Rilke, Arthur RimbaudFrançois Villon

Ihre Helden in der Wirklichkeit ?
Neue Helden braucht das Land.

Ihre Heldinnen in der Geschichte ?
Frida Kahlo, Mutter Theresa, Jeanne d‘Arc

Ihre Lieblingsnamen ?
Hirni, Dösbaddel, Schnacker, Spinnifax,

Was verabscheuen Sie am meisten ?
Lügen und Stehlen

Welche geschichtlichen Gestalten verachten Sie am meisten ?
Verachtung ist nicht meine Stärke.

Welche militärischen Leistungen bewundern Sie am meisten ?
Den Bau der Chinesischen Mauer.

Welche Reform bewundern Sie am meisten ?
Eine Schulreform würde ich begrüßen.

Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen ?
Geige spielen können … das habe ich schon immer bewundert.

Wie möchten Sie sterben ?
Noch darf ich das Leben lieben!

Ihre gegenwärtige Geistesverfassung ?
entschlossen

Ihr Motto ?
„Erfolg beginnt im Kopf“ und „Lösungen lauern überall“

 

So … nun bist DU an der Reihe. Feuer frei im Kommentar.

 

Autor: Marco Wegner

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